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Geburt von Lea

20. Mai: Um 9 Uhr beginnen die Wehen, aber da es unser drittes Kind ist und wir schon das zweite Kind mit Sabine in unserem Wohnzimmer empfangen haben, bleibe ich entspannt. Mein Mann ist noch arbeiten. Ich stoppe die Abstände (alle 15-20min), aber irgendwie fühlt es sich nicht so an, als würde sich das bald ändern. Somit spiele ich noch mit den zwei Jungs Duplo. Anschließend wollen die zwei Großen Roller fahren und ich gehe mit Ihnen um den Block spazieren.

Zum Mittagessen gibt es Ofengemüse und Hähnchen. Da ich bei beiden Jungs bei der Geburt Hunger hatte, dann etwas gegessen habe und mich übergeben musste, möchte ich nun rechtzeitig etwas im Magen haben, um für die nächsten Stunden gewappnet zu sein. Um 12.30 Uhr kommt mein Mann und wir essen gemeinsam.

Die Wehen kommen nun alle 5min. Dann wieder alle 20min. Es geht mir ziemlich gut. Die Jungs werden nun von ihrem Vater zu meinen Eltern gefahren, das dauert mit Hin- und Rückfahrt etwa 90min. Ich sitze auf dem Sofa und höre über Ohrstöpsel meine Entspannungs-Hypnobirthing-Affirmationen. Ich begebe mich in einen Trance-Zustand. Mein Mann ruft von unterwegs Sabine Braun an, die mich schon durch die Schwangerschaft meines zweiten Kindes und nun durch die dritte begleitet hat. Ich fühle mich gut und als mein Mann wieder daheim ist, gehen wir eine kleine Runde spazieren. Es ist ein schöner Frühlingstag.

Dann kommt Sabine und der Pool wird aufgebaut und mit Wasser gefüllt. Notfalls wäre ich in die Badewanne gestiegen, aber der Boden des Pools ist für die Knie angenehmer und man hat auch mehr Platz. Irgendwie haben mein Mann und ich ein schlechtes Gewissen, weil wir Sabine geholt haben, denn es fühlt sich plötzlich doch nicht mehr nach Geburt an. Sabine bleibt aber bei uns und da es mir gut geht, macht sie ein Nickerchen, um Kraft für die nächsten Stunden zu haben. Mein Mann backt nebenher ein Brot, alltägliche Routinen, die mir das Gefühl von Geborgenheit vermitteln.

Ich frage Sabine, ob die Gebärende einen Espresso trinken darf und sie antwortet, dies gehe nur, wenn dieHebamme auch einen Espresso bekommt. Also trinken wir Espresso.

Dann beschließe ich, dass ich nun in den Pool will und wie in meiner Visualisierung der Geburt, ziehe ich meinen schwarzen Bikini an und hole meine Kontaktlinsen, da ich keine Wassertropfen auf meiner Brille haben möchte. Ich möchte mein Baby deutlich sehen können. Details, die man bei zwei Geburten als wichtige Faktoren erkennt. Dazu gehört das Haargummi. Bei meiner ersten Geburt hatte ich das Haargummi irgendwo in der Kliniktasche und konnte nicht mehr sprechen, weil es sehr anstrengend war. Meine langen Haare hingen mir folglich nassgeschwitzt ins Gesicht. Bei den beiden anderen Geburten hatte ich die Haare in einem „Bobbel“ aus Nacken und Gesicht verstaut.

Mein Mann und ich gehen einige Hypnobirthing-Übungen durch und ich schaue mir meine Visualisierungskarten an (Bilder, Fotos und gemalte Bilder, die mich entspannen und mir Kraft geben). Langsam wird es unangenehm. Sabine kommt und drückt mir bei jeder Wehe gegen das Kreuzbein, wobei sie meint, ich sei so in Trance gewesen, dass sie sich nicht immer sicher war, ob sie die Wehe getroffen hätte. Sie hatte aber eine ziemlich gute Trefferquote, etwa 95 Prozent. Der Gegendruck ist sehr angenehm. Es geht nicht voran und mein Mann liest die „Ballonfahrt“, eine Traumreise, die die Geburt beschleunigen soll. Danach liest er noch den „Zauberwald“, eine Geschichte, die die gleiche Wirkung haben soll. Trotzdem bleiben die Wehen in den gleichen, langen Abständen. Ich esse Naturjogurt mit Zimt, auch das beschleunigt nichts. Ich rieche an meinem Duftanker (Zierbelkieferngeruch) und das entspannt mich. Zwei Mal muss ich triefend aus dem Pool, um auf die Toilette zu gehen. Sabine berichtet später, dass sie ein schlechtes Gewissen hatte, weil in der Nacht davor ein Baby geboren wurde und ihr Handgelenk bei mir nicht mehr viel Druck aufbauen konnte. Dabei war es für mich perfekt. Das Ganze würde sich auch auszahlen: Zwei meiner Kinder steckten im Becken fest, weil mein Rücken so verkrampft war. Dieses Baby glitt einfach durch. Es war zwar kurz unangenehm, aber erträglich. Die Muskulatur blieb locker und konnte mitarbeiten.

Sabine untersucht immer wieder (auch im Pool) die Herztöne des Babys. Unser Mädchen lag wochenlang auf der rechten Seite, nun will sie aber anders auf die Welt kommen. Einmal wechseln wir aufs Sofa, ich bekomme (im Gegensatz zu der ersten Hausgeburt) ein Buscopan-Plus-Zäpfchen, welches das Gewebe weich machen soll.

Ab 21.30 Uhr wird es „knackig“, aber machbar. Um 23 Uhr verspüre ich einen unerträglichen Schmerz in der Symphyse. Weder mir noch Sabine ist gleich klar, dass das die Geburt werden wird. Deshalb spritzt Sabine Wasser, was bei mir bei der letzten Geburt sehr gut funktioniert hat: Durch den Konterschmerz haben sich meine Muskeln entspannt und es ging voran. Nun bringt es nichts, denn nach 14 sehr entspannten Stunden, will unser Kind innerhalb von 20min „Gas geben“ und auf die Welt kommen. Da mein Mann und Sabine bereits von unserem zweiten Kind ein eingespieltes Team sind, bleibe ich sehr lange ruhig. Sabine ist erfahren und hat immer einen Plan B. Aber in diesen letzten zwanzig Minuten merke ich, dass ich seit 14 Stunden Wehen veratme. Ich versuche aus der Kniehaltung (Arme und Kopf überm Rand des Pools ) in die Rücklage zu gelangen. Das ist aber noch schlimmer. Auch wenn ich mir eine Wassergeburt gewünscht habe, ist mir klar gewesen, dass ich vermutlich auch dieses Mal am Ende wieder aus dem Pool steigen werde. „Ich muss raus!“ sage ich. Ich benötige jetzt Schwerkraft. Somit steige ich aus dem Pool. Mein Mann hält mich nun und in der Tiefhocke erlebe ich zehn ziemlich harte Minuten. Es sind ca. 15 Presswehen, aber meine Motivation lässt nach und ich verliere die Nerven. Sabine ist natürlich Profi und weiß, wie sie mich knacken kann:

„Wie viele Wehen gibst du uns noch?“

Ich antworte: „Fünf!“

Damit kann Sabine arbeiten und sie macht etwas, was sie sonst nie macht: Sie öffnet die Fruchtblase. Vier Wehen später, bei denen ich definitiv mein Kind eher rauswerfe als „auf die Welt atme“, ist unser Mädchen auf der Welt. Noch in mir, den Kopf außerhalb, schimpft sie. Dann rutscht sie in Sabines Hände, an der gleichen Stelle, wo schon ihr Bruder geboren wurde. Ich weine vor Freude und unser Mädchen schreit nicht, wie man das kennt, sie schimpft uns aus. Sabine gibt uns das Baby und wir können ganz gemütlich und in Ruhe unser Kind auf die Brust legen. Allein für dieses entspannte Bonding ist eine Hausgeburt zu empfehlen!

Meinem Beckenboden geht es einigermaßen gut. Ging beim ersten Kind alles kaputt, beim zweiten ganz wenig, ist beim dritten der Schaden überschaubar. Sabine fragt: Nähen oder drei Wochen ruhig machen, viel liegen und Kompressen mit Olivenöl. Ich entscheide mich für das Liegen und es wird schnell heilen.

Auch ein drittes Mal ist es ein Wunder und nach zwei Hausgeburten muss ich sagen, der Zauber, ein Kind daheim zu empfangen, ist unfassbar schön. Auch mein Mann fand die Hausgeburt viel schöner, denn im Krankenhaus konnte er nur wenig aktiv sein.

Liebe Sabine, vielen DANK! Ohne Dich gäbe es diese Möglichkeit gar nicht.

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